Telefonbuch suchen

Der Mensch an sich recht glücklich ist
solange er noch nichts vermisst.
Fehlt aber etwas, just und hier
wird unser Menschlein gar zum Tier.

Man muss für Hilfe sofort sorgen,
jetzt und sofort, und nicht erst morgen.
So greift der Mensch, man ahnt es schon,
zum heiß geliebten Telefon.

Doch halt, so nicht, da fehlt die Nummer!
Und das ist unsres Menschen Kummer.
Dass etwas fehlt ist eins der Dinge,
und meist gibt es zwei Kümmerlinge.

Man braucht jemanden der das hat
was diesem Menschen fehlt, jetzt grad.
Man braucht – und das ist kein Geheimnis:
Ein Firmen-, Branchen-, Sachverzeichnis.

„Da war doch mal, wo ist es nur?“
Das Menschlein sucht in einer Tour.
Erst neulich hat er es gesehen
jungfräulich in der Ecke stehen.

So wie ein Heftchen war‘s gebunden
das Buch für Firmen und für Kunden.
Doch nun, so scheint‘s, ging es verloren.
Das Menschlein hat schon rote Ohren.

Jetzt schimpft es schon auf alle Welt
die dieses Buch da weggestellt.
Auf Buben bös, die in der Nacht
das Buch ganz heimlich weggebracht.

Auf Hinz, auf Meier und auf Schmitt,
die nahmen es besuchend mit.
Dann wäre da noch seine Frau.
Die war‘s, das weiß er ganz genau!

Die hat beim Putzen dieses Buch
mit ihrem nassen Scheuertuch
bestimmt hier vom Regal gefetzt!
Und unser Menschlein schaut zuletzt
auf jenes Bord. Was steht da? Klar:
Das Buch ist da wo‘s immer war!

Kurz denkt der Mensch: Entschuldigung.
Das war‘s auch schon an Huldigung.
Das Buch jedoch, bewahrt als Schatz,
hat ab sofort ‘nen andren Platz.

Was dies bedeutet für den, der‘s sucht,
das wissen wir, wenn der dann flucht.


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